Rücktransport – medizinisch notwendig? Details entscheidend
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Urteil vom 29. April 2015 entschieden (20 U 145/13), dass es auf die medizinischen Erkenntnisse und Befunde sowie die Erkenntnismöglichkeiten des Patienten bzw. der für ihn handelnden Personen bei einem Rücktransport eines erkrankten Versicherten nach Deutschland, d.h. ob dieser erforderlich und vertretbar ist, ankommt.
Ein Mann und spätere Kläger war in seinem Urlaub auf den Kanarischen Inseln an einer schweren beidseitigen Lungenentzündung erkrankt und wurde nach einer Erstbehandlung durch einen Hotelarzt zur stationären Versorgung in ein örtliches Krankenhaus eingeliefert. Da sich keine Besserung einstellte, ließ er sich nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten sowie einem ihm vertrauten Mediziner in seiner Heimat auf die Intensivstation eines Universitätsklinikums in Deutschland verlegen. Dabei nahm er ein Flugzeug und einen Rettungswagens in Anspruch. Aufgrund der dortigen Betreuung verbesserte sich sein gesundheitlicher Zustand erheblich, so dass er nach nur einer Woche aus der Klinik entlassen wurde.
Die Erstattung der Rücktransportkosten in Höhe von über 17.000,- € verlangte der Kläger von seinem privaten Krankenversicherer, da nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen auch die Kosten eines aus medizinischen Gründen notwendigen Rücktransports aus dem Ausland versichert seien. Jedoch lehnte der Versicherer die Kostenübernahme ab, da der Rücktransport nach Deutschland medizinisch nicht notwendig gewesen wäre, denn die gleichen therapeutischen Maßnahmen, die in der deutschen Universitätsklinik ergriffen worden seien, wären auch in dem kanarischen Krankenhaus möglich gewesen.
Der Kläger sah das gegenteilig und trug in seiner gegen den Versicherer eingereichten Klage vor, dass er sich aufgrund seiner dem Versicherer bekannten Krankenvorgeschichte in einem akut lebensbedrohlichen Zustand befunden habe. In vielen Fällen münde das Krankheitsbild in ein akutes Lungenversagen. Um dieses in den Griff zu bekommen, habe es vor Ort an der dafür notwendigen medizinischen Infrastruktur gefehlt. Die medizinische Notwendigkeit für eine Weiterbehandlung in Deutschland sei von den örtlichen Ärzten und vom telefonisch befragten Mediziner in seiner Heimat, der sich mit den kanarischen Ärzten abgestimmt hatte, bestätigt worden. Deswegen habe er unterstellen dürfen, dass sein Versicherer die Rücktransportkosten trage.
Die ausführliche Beweisaufnahme ergab, dass das Landgericht Essen (18 O 156/12) und auch das OLG Hamm der Klage stattgaben. Beide Instanzen waren überzeugt, dass der Kläger berechtigt davon ausgegangen war, dass auf den kanarischen Inseln keine ausreichende medizinische Behandlungsmöglichkeit bestand. Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit bestand, dass sich die Lungenentzündung des Klägers zu einem Lungenversagen mit unmittelbarer Lebensgefahr verschlechtern könne. Dafür hätten die Krankheitsgeschichte des Klägers mit zwei vorangegangenen Lungenentzündungen und dessen radiologische, klinische und chemische Befunde während der Behandlung auf den Kanaren gesprochen. Bei einem Lungenversagen wäre der Kläger nicht mehr transportfähig gewesen. Die Frage der medizinischen Notwendigkeit für einen Rücktransport hängt nicht allein von der Auffassung des Versicherten oder derjenigen der ihn behandelnden Ärzte ab. Vielmehr kommt es auf die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Behandlung an. Wenn danach die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern oder ihren Verschlimmerungen entgegenzuwirken, nach medizinischen Erkenntnissen feststeht, ergibt sich daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers.
Eine Behandlung ist auch dann medizinisch notwendig, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Ausreichend ist, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Diese Grundsätze gelten auch für die Frage, ob aus medizinischen Gründen ein Rücktransport erforderlich ist. Im Fall des Klägers sei eine intensivmedizinische Behandlung mit der nicht auszuschließenden Möglichkeit zur invasiven Beatmung erforderlich gewesen. Die habe in den Kliniken der kanarischen Inseln aber nicht gewährleistet werden können.
Der private Krankenversicherer des Klägers musste somit die Kosten des Rücktransports übernehmen.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Tipp:
Auch bei geringen Jahresbeiträgen ist der vorliegende Rechtsstreit und mit anschließendem Urteil ein Beleg dafür, dass es auf das Schaden- bzw. Streitpotenzial einer Versicherung ankommt. Wenn der Kläger eine Versicherung mit besseren Bedingungen abgeschlossen hätte, die nicht nur auf eine medizinische Notwendigkeit abstellen, hätte sich der Kunde den Prozess und Ärger sparen können. Gleiches gilt für sein Kostenrisiko, es sei denn, sein Rechtsschutzversicherer hätte es getragen.
Makler sind hier die richtigen Ansprechpartner für den passenden Versicherungsschutz und die Prüfung des „Kleingedruckten“. Besser wäre hier die Formulierung im Bedingungswerk „der Rücktransport ist medizinisch sinnvoll und vertretbar“ gewesen.
Regress nach alkoholisiertem Diskounfall
Das Amtsgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 11. Juni 2015 entschieden (317 C 137/14), dass ein Autofahrer, der mit einer Blutalkohol-Konzentration von 0,67 Promille einen Unfall verursacht, grob fahrlässig handelt und daher von seinem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer in Höhe von 3/4 seiner Aufwendungen in Regress genommen werden kann.
Eine Frau und spätere Beklagte hatte ihren Pkw auf dem Parkplatz einer Diskothek geparkt. Als sie nachts nach Hause fahren wollte, kollidierte sie beim rückwärtigen Ausparken mit einem auf der gegenüberliegenden Straßenseite ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeug. Daraufhin zahlte ihr Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer dem Geschädigten ca. 3.000,-€, wobei er ¾ dieser Aufwendungen von der Versicherten zurückforderte, da sich der Unfall nur ereignet habe, da die Frau zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert und deswegen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit aus der Parkbox herausgefahren war.
Die amtlichen Ermittlungen ergaben, dass ihre Blutalkohol-Konzentration mindestens 0,67 Promille betrugen, so dass sie den Schaden grob fahrlässig verursacht habe. Im Ergebnis könne sie gemäß § 28 Absatz 2 VVG in Verbindung mit § 81 Absatz 2 VVG in Regress genommen werden.
Die Fahrerin verteidigte sich damit, nicht zu schnell gefahren zu sein. Vielmehr habe sie die Parkbox mit Schrittgeschwindigkeit verlassen. Der Unfall habe sich ereignet, da sie im gleichen Augenblick von einem vorbeifahrenden Fahrzeug geblendet worden sei. Deswegen sei der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ungerechtfertigt.
Das AG Darmstadt gab dem Versicherer und seiner Regressforderung vollumfänglich Recht.
Nach richterlicher Ansicht sprechen die Umstände des Verkehrsunfalls eindeutig für einen alkoholbedingten Fahrfehler der Versicherten hin. Der Beweis des ersten Anscheins zähle dazu, da durch den Alkoholgenuss die Aufmerksamkeit eingeschränkt werde. Dies sei auch der Grund, weshalb die Beklagte das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug ganz offensichtlich übersehen habe.
Im Übrigen deute nichts auf ihre Behauptung hin, mit Schrittgeschwindigkeit gefahren zu sein. Weder das Schadenbild, noch Zeugenaussagen konnten diese Aussage bestätigen. Danach wurde kein Fahrzeug wahrgenommen, durch das die Autofahrerin hätte geblendet werden können.
Bei der Abwägung der Schwere des Verschuldens der Versicherten war zu berücksichtigen, dass eine relative Fahruntüchtigkeit bereits ab 0,3 Promille beginne. Folglich sei bei der Blutalkohol-Konzentration der Versicherten von mindestens 0,67 Promille von einer erheblichen Alkoholisierung auszugehen.
Ferner sei es allgemein bekannt, dass das Führen von Fahrzeugen im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit zu einem der schwersten Verkehrsdelikte überhaupt gehöre. Daher durfte der Versicherer wegen der Gesamtumstände die Versicherte zu Recht in Höhe von 75 % seiner Aufwendungen in Regress nehmen.
Winterreifenpflicht und Regressmöglichkeiten des Versicherers
Das Amtsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 22. Mai 2015 entschieden (3 C 308/14), dass sich die Verpflichtung, Winterreifen zu verwenden, nach dem konkreten Tag der Nutzung eines Fahrzeugs und den in der tatsächlichen Verkehrssituation herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnissen richtet.
Ende Oktober war ein Mann und spätere Beklagte morgens mit seinem Pkw in der Innenstadt unterwegs, als er auf einer Brücke die Kontrolle über sein Auto verlor und frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Dabei erlitten beide Autos Totalschaden und die Insassen des entgegenkommenden Pkws wurden verletzt.
Im Nachgang wollte der der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ihn wegen der dem Unfallgegner gezahlten Entschädigung in Höhe von 5.000,- € in Regress nehmen, da sich der Unfall nur ereignet habe, weil der Beklagte trotz winterlicher Straßenverhältnisse mit Sommerreifen unterwegs war. Infolge des Fahrens mit Sommerreifen habe er sich einer vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässigen Gefahrenerhöhung gemäß § 23 VVG schuldig gemacht, die gemäß § 26 VVG zu einer (teilweisen) Leistungsfreiheit führe. Ferner hätten die Temperaturen in der Zeit vor dem Unfall deutlich im Minusbereich gelegen.
Das Mannheimer Amtsgericht wies die Klage trotz der Witterung als unbegründet zurück.
Grundsätzlich sei die Benutzung eines Pkws mit winteruntauglichen Reifen zwar als Nutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs anzusehen, wenn die Wetterlage die Benutzung von Winter- oder M+S-Reifen geböte. Jedoch ist eine Gefahrenerhöhung nur dann gegeben, wenn der Pkw (mit Sommerreifen) bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßenverhältnissen längerfristig bzw. für längere Fahrten benutzt wird. Hierfür trägt der Versicherer die Darlegungs- und Beweislast.
Vorliegend ergab die Beweisaufnahme, dass unstreitig bis zwei Tage vor dem Unfall Schnee gelegen hatte. Der Versicherer ist den Beweis dafür aber schuldig geblieben, dass die innerstädtischen Straßen und insbesondere die Unfallstelle am Tag des Unfalls noch durchgehend glatt waren.
Nach richterlicher Überzeugung war es am Unfalltag allenfalls bereichsweise glatt. Daher könne von durchgängig winterlichen Straßenverhältnissen, die das Aufziehen von Winterreifen zwingend erforderlich gemacht hätten, nicht die Rede sein. Wetterwarnungen für den Unfalltag, die gefahrerhöhende Umstände hätten vermuten lassen können, gab es nicht. Deswegen wies das Gericht den Vorwurf des Versicherers, dass der Beklagte den Unfall aufgrund einer vorsätzlichen Gefahrenerhöhung verursacht hatte, als unbegründet zurück, da der Gesetzgeber keinen Zeitrahmen vorgebe, in welchem Winter- bzw. M+S-Reifen auf einem Fahrzeug aufgezogen sein müssten.
Die bloße Tatsache, dass zum Unfallzeitpunkt Temperaturen im Minusbereich vorgelegen haben und zwei Tage vor dem Unfallgeschehen Schnee gefallen war, begründet noch keine winterlichen Straßenverhältnissen und damit noch keine Winterreifenpflicht, erst recht nicht die Annahme einer groben Fahrlässigkeit bei nicht erfolgtem Reifenwechsel.
Das Gericht erkannte ferner keine Leistungsfreiheit bzw. -kürzung aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 81 VVG). Nicht geklärt werden konnte, dass der Kläger mit seinem Pkw nicht ins Schleudern geraten wäre, wenn er mit Winterreifen gefahren wäre.
Somit war der Versicherer mit seiner Regressforderung erfolglos.
Unklare Hausrat-Klausel im Zweifel zugunsten des Versicherten
Das Landgericht (LG) Berlin hat mit Urteil vom 26. November 2014 (23 S 3/14) entschieden, dass eine mehrdeutige Klausel in Versicherungsbedingungen im Schadenfall zu Gunsten des Versicherten auszulegen ist.
Ein Mann und spätere Kläger hatte bei der beklagten Versicherung eine Hausratversicherung abgeschlossen. Die Versicherungsbedingungen lauteten: „Abweichend von den §§ 24, 25, 26 und 31 VHB verzichten wir bei Schadenfällen bis zu einer Schadenhöhe von bis zu 2.500 € auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit in der Form, dass wir von der in diesen Vorschriften genannten Quotenregelung in Bezug auf die Leistungskürzung keinen Gebrauch machen.“
Der Versicherer wollte die Entschädigungsleistung um 50 % kürzen, als der Kläger grob fahrlässig einen Schaden verursacht hatte, dessen Höhe deutlich über 2.500 € lag, da er die Klausel zur groben Fahrlässigkeit so auslegte, dass sie generell nur Schäden in einer maximalen Höhe von 2.500 € erfasse und höhere Schäden hingegen ausschließe. Nach Ansicht des Klägers waren die Versicherungsbedingungen so zu verstehen, dass lediglich der Anteil gekürzt werden dürfe, der den Betrag von 2.500 € übersteige und ihm der Sockelbetrag aber ungekürzt zustünde.
Die LG-Richter legten sich bei der Auslegung nicht fest und gaben der Klage gegen den Versicherer dennoch statt.Nach richterlicher Auffassung ist die versichererseitig verwendete Klausel mehrdeutig, da der Wortlaut der Bedingungen nicht eindeutig sei. Der enthaltene Kürzungsverzicht könne sich auf einen Sockelbetrag von 2.500 € beziehen oder aber voraussetzen, dass der Gesamtschaden diesen Betrag nicht übersteige.
Sprachlich ist möglich, die Schadenhöhe von bis 2.500 € als nähere Beschreibung der erfassten Schadenfälle auszulegen, so dass nur Kleinschäden mit einem Gesamtschaden von bis zu 2.500 € überhaupt vom Verzicht auf die Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit betroffen wären. Zugleich ist die Auslegungsvariante möglich, die die Schadenhöhe von bis 2.500 € auf den Umfang bezieht, in dem auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet wird. Folglich ist die von dem Versicherer verwendete Klausel unklar und Auslegungszweifel Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen aber gemäß § 305c Absatz 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Somit ist die Klausel zu Gunsten des Klägers auszulegen.
Die Richter lehnten den Einwand des Versicherers ab, dass die Klausel nur dann sinnvoll sei, wenn ein Gesamtschaden von 2.500 € nicht überschritten werde, da mit der Verzichtsklausel der Aufwand zur Ermittlung und Feststellung des Kürzungsrechts insgesamt erspart werden sollte. Eine Auslegung von Bedingungen orientiert sich am Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Hierfür ist die Vorstellung des Verfassers bei ihrer Abfassung unerheblich.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Diebstahl im Rahmen Hausratversicherung nicht versichert
Das Landgericht (LG) Köln hat mit Beschluss vom 12. November 2014 entschieden (24 S 49/14) und damit ein gleichlautendes Urteil des Amtsgerichts (AG) Köln vom 2. Juli 2014 (118 C 81/14) bestätigt, dass es sich nicht um einen versicherten Raub, sondern nur um einen im Rahmen einer Hausratversicherung nicht versicherten Diebstahl handelt, wenn ein Dieb einer in einem Auto sitzenden schlafenden Frau eine Handtasche entreißt.
Im Sommer 2013 befand sich ein Mann und späterer Kläger zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden kleinen Kindern auf einer Urlaubsreise von Deutschland nach Marokko. Die Familie legte im Rahmen der strapaziösen Fahrt gegen fünf Uhr morgens auf dem Gelände einer spanischen Autobahnraststätte eine Pause ein, um kurz im Auto zu schlafen. Die klägerische Ehefrau ließ die Scheibe des Beifahrerfensters unglücklicherweise einen Spalt weit offen.
Als die Familie eingeschlafen war, machte sich ein Dieb ans Werk. Dabei griff er durch den Fensterspalt, entsperrte die Türsicherung und entriss der Frau ihre beiden Handtaschen, die sie auf ihrem Schoß umklammert hielt. Der dadurch wach gewordene Kläger und seine Frau nahmen zwar die Verfolgung des Diebs auf, konnten ihn jedoch nicht fassen. Ermittlungen der unmittelbar nach dem Vorfall benachrichtigten Polizei blieben ohne Ergebnis.
Daher machte der Kläger Ansprüche gegenüber seinem Hausratversicherer geltend und berief sich darauf, dass der Täter seiner schlafenden Frau die Taschen aus den Händen gerissen habe und es sich daher um einen versicherten Raub gehandelt habe.
Das AG und das LG Köln wiesen die Klage gegen den Hausratversicherer als unbegründet zurück. Nach richterlicher Ansicht liegt der Tatbestand eines versicherten Raubes nicht vor, da der Täter die Handtaschen unter Überwindung von Widerstand hätte wegnehmen müssen. Jedoch hatte die Frau des Klägers wirklichen Widerstand nicht geleistet, da sie der Polizei als auch den Richtern gegenüber angegeben hatte, die eigentliche Tat wegen ihres Schlafs erst wahrgenommen zu haben, als sich der Täter der Taschen bemächtigte.
Nach der BGH-Rechtsprechung ist keine Gewaltanwendung im Sinne des Raubtatbestandes gegeben, wenn ein Täter durch Ausnutzung eines Überraschungsmoments einer von ihm erwarteten Widerstandsleistung zuvorkommt.
Da eine Person nach einem Erwachen aus einem kurzen Schlaf noch benommen und nicht wirklich zu Widerstand fähig ist, waren beide Instanzen von diesem Tatbestand nicht überzeugt. Dieser wäre aber nötig gewesen, um den Tatbestand eines versicherten Raubes zu erfüllen.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
BGH-Urteil: Kosten für Ersatz-Karte für den Zahlungsverkehr
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Deutsche Postbank AG mit Urteil vom 20. Oktober 2015 entschieden (XI ZR 166/14), dass Geldinstitute für die Ausstellung einer Ersatzkarte für den Zahlungsverkehr kein Entgelt erheben dürfen, wenn die Originalkarte abhandengekommen ist und der Kunde den Verlust seiner Karte angezeigt hat.
Nicht selten kommen Karten für den Zahlungsverkehr abhanden. Nach dem Preisverzeichnis der Deutschen Postbank AG müssen deren Kunden in solchen Fällen für eine auf ihren Wunsch hin ausgestellte Ersatzkarte 15,- € zahlen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) hielt diese Klausel für unrechtmäßig und verklagte die Postbank auf Unterlassung. Die Klage war zunächst erfolglos und wurde von den Vorinstanzen als unbegründet zurückgewiesen. Der VZBV obsiegte erst mit seiner beim BGH eingelegten Revision. Nach höchstrichterlicher Auffassung hält die verwendete Klausel nicht der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Das Geldinstitut kann bei Anwendung der Klausel nämlich auch dann ein Entgelt für eine Ersatzkarte verlangen, wenn deren Ausstellung wegen einer nach einem Verlust erfolgten und vom Kunden pflichtgemäß angezeigten Sperre der Erst- beziehungsweise Originalkarte erforderlich wird.
Der BGH hält das jedoch für unrechtmäßig, da gemäß § 675k Satz 5 BGB ein Geldinstitut in Fällen, in denen eine bloße Sperrung einer Karte nicht ausreicht, dazu verpflichtet ist, seinen Kunden eine Ersatzkarte zu überlassen. Die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung dürfe seitens der Bank nicht mit einem Entgelt verbunden sein. Bei Verlust oder Diebstahl einer Karte sei die Ausstellung einer Ersatzkarte aber eine zwangsläufige Folge der Erfüllung dieser Verpflichtung.
Der BGH ließ offen, ob für eine Ersatzkarte eine Gebühr in Rechnung gestellt werden darf, wenn eine Karte defekt ist oder sich der Name des Inhabers, zum Beispiel durch Heirat, geändert hat, da diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens war.
Der VZBV vertrat die Ansicht, dass in derartigen Fällen nichts anderes gelten dürfe, da in jedem Fall die alten Karten beim Austausch gesperrt werden müssen, um einen Missbrauch oder den Umlauf von mehr als einer Karte zu verhindern.
Die Frage kann jedoch erst abschließend nach der schriftlichen Urteilsbegründung beurteilt werden.
Herdabdeckplatte in Flammen
Das Landgericht (LG) Siegen hat mit Urteil vom 29. Juni 2015 (3 S 9/15) entschieden, dass ein Versicherungsnehmer, der in der irrigen Annahme, dass er einen Küchenherd abgeschaltet hat, eine Abdeckplatte aus Holz auf die Kochstellen legt, grundsätzlich nicht grob fahrlässig handelt.
Damit wurde eine anderslautende Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.
Ein Mann und späterer Kläger hatte auf seinem Küchenherd eine Speise gebraten und dabei kurz vor Ende des Bratvorgangs die Kochplatte auf die niedrigste Stufe eingestellt. Er legte danach in dem Bewusstsein, den Herd nach dem Braten abgeschaltet zu haben, eine massive, mit Abstandshaltern versehene Holzplatte auf den Herd, als er die Pfanne vom Herd genommen und die Speise verzehrt hatte. Nach eigenen Angaben hatte er keine sicht- und spürbare Erwärmung der Kochplatte mehr wahrgenommen.
Dies stellte sich als Irrtum heraus, da die Abdeckplatte wenig später Feuer fing und Teile der Küche in Flammen aufgingen. Der klägerische Hausratversicherer wollte sich an den Kosten des durch den Brand entstandenen Schadens lediglich mit einer Quote von 75 % beteiligen. Er berief sich dabei auf grobe Fahrlässigkeit und sei daher zu einer Leistungskürzung gemäß § 81 Absatz 2 VVG berechtigt.
Im Gegensatz zum erstinstanzlich mit dem Fall befassten Amtsgericht Lennestadt (3 C 43/14) gab das LG Siegen der Klage auf Ersatz des vollständigen Schadens statt. Nach richterlicher Ansicht ist grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des Versicherungsvertrags-Gesetzes gegeben, wenn sich ein Versicherter einer schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Dies bedeutet, dass er seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben muss und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat.
Das Gericht hielt es nach der Anhörung des Klägers für glaubhaft, dass er keine sicht- und spürbare Erwärmung mehr bemerkt und auch keine leuchtende Kontrollleuchte des Herdes wahrgenommen hat.
Zwar könne dem Kläger der Vorwurf gemacht werden, dass er beim Aufbringen der Abdeckplatte nicht sorgfältig kontrolliert habe, ob der Herd tatsächlich ausgeschaltet war. Anders als in typischen Herdplattenfällen habe jedoch keine Situation vorgelegen, in der jemand nach Einleitung des Koch- bzw. Bratvorgangs das Koch-/Brat-Gut bewusst oder unbewusst auf einem eingeschalteten Herd zurücklässt, ohne sich darum zu kümmern. Wegen der Dicke der Abdeckplatte sowie der Tatsache, dass sie mit Abstandshaltern versehen war und daher nicht direkt auf der Kochfläche auflag musste er auch nicht mit einer leichten Entflammbarkeit rechnen. Vor diesem Hintergrund war sein Verhalten zwar in erheblichem Maße fahrlässig, die gebotene Sorgfaltspflicht wurde aber nicht in ungewöhnlich hohem Maße und somit schlechthin in unentschuldbarer Weise verletzt.
Deswegen muss der Versicherer den Schaden vollumfänglich ausgleichen.
Ohne Betriebserlaubnis kein Versicherungsschutz
Das Oberlandesgericht (OLG) des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 23. Oktober 2014 entschieden (4 U 69/13), dass ein Halter eines Motorrads keinen Leistungsanspruch gegen seinen Teilkaskoversicherer hat, wenn die Betriebserlaubnis des Bikes wegen eines Umbaus erloschen ist, es auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt und dann gestohlen wird.
Ein Mann und späterer Kläger hatte sich bei einem Händler ein neues Rennmotorrad gekauft, für welches er u.a. eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen hatte. Das Bike war aufgrund „Frisierens“ nicht für den Straßenverkehr zugelassen, so dass es der Händler auf Wunsch des Klägers zur Erlangung einer Betriebserlaubnis umbaute. Nach Erteilung der Zulassung wurde es im Auftrag des Klägers in den Originalzustand eines reinen Wettbewerbsmodells zurückversetzt und dann an ihn ausgeliefert.
Wenig später wurde das Motorrad von einem öffentlichen Parkplatz entwendet und das Glück des Besitzers getrübt.
Sein Teilkaskoversicherer berief sich nach dem gemeldeten Diebstahl auf arglistige Täuschung und erklärte den Rücktritt vom Vertrag. Infolge des Rückbaus habe das Motorrad seine Betriebserlaubnis zum Verkehr auf öffentlichen Straßen verloren, so dass von Anfang an kein Versicherungsschutz bestanden habe. Die OLG-Richter wiesen die Klage gegen den Versicherer – wie bereits die Vorinstanz – als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Überzeugung hat der Versicherer gemäß § 19 Absatz 2 VVG zu Recht den Rücktritt vom Vertrag erklärt, da sich der Kläger einer Verletzung seiner Anzeigepflicht schuldig gemacht hat, indem er die Leistung des zu versichernden Fahrzeugs im Versicherungsantrag mit 5 kW angegeben hatte, obschon diese nach dem Rückbau tatsächlich 29 kW betrug. Aufgrund der dadurch erloschenen Betriebserlaubnis durfte das Motorrad auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht mehr in Betrieb genommen werden. Versicherungsvertrag war gemäß § 134 BGB nichtig, da er gegen ein gesetzliches Verbot verstieß.
Eine andere Beurteilung wäre geboten gewesen, wenn der Kläger seine Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hätte. Nur dann hatte der Versicherer nicht vom Versicherungsvertrag zurücktreten dürfen. Diesen Beweis ist hat er nicht erbracht und geht daher leer aus.
Das Urteil ist rechtskräftig.