Diebstahl des Wohnungsschlüssels
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 15. Februar 2017 (20 U 174/16) entschieden, dass Versicherungsnehmer, die durch Fahrlässigkeit den Diebstahl ihres Wohnungsschlüssels ermöglichen, keinen Anspruch auf eine Entschädigung ihres Hausratversicherers haben, wenn mithilfe des Schlüssels Gegenstände aus ihrer Wohnung entwendet werden.
Eine Frau und spätere Klägerin befand sich zusammen mit einem Kollegen im Juli 2013 in der Münsteraner Innenstadt auf dem Rückweg von einer Betriebsfeier. Der Kollege schob ihr Fahrrad, in dessen Korb sich die Handtasche der Klägerin mit ihren Wohnungsschlüsseln, ihren Ausweispapieren und weiteren persönlichen Gegenständen befand. Die Handtasche war von der Klägerin nicht gegen Diebstahl gesichert.
Als das Pärchen den Nachhauseweg unterbrach, um sich einander zuzuwenden, stellte es das Fahrrad an einer Säule ab und ließ es für wenige Minuten unbeobachtet.
Diese Situation nutzte ein des Wegs kommender Dieb und stahl die Handtasche. Ein Zeuge, der die Situation beobachtet hatte, benachrichtigte zwar sofort die Polizei. Allerdings war der Dieb schnell genug, zur Wohnung der Klägerin zu eilen, und mithilfe des Originalschlüssels in sie einzudringen und entwendete er Gegenstände im Wert von ca. 17.500,- Euro.
Den Diebstahl bemerkte die Klägerin erst am anderen Morgen. Mit der Einstellung, wegen des entwendeten Schlüssels ohnehin nicht in ihre Wohnung gelangen zu können, übernachtete sie kurzerhand bei einer in der Nähe wohnenden Verwandten.
Den infolge des Diebstahls entstandenen Schaden machte die Klägerin gegenüber ihrem Hausratversicherer geltend. Der bezweifelte nicht, dass gegebenenfalls auch Schadenereignisse versichert sind, in denen ein Dieb in ein Gebäude oder den Raum eines Gebäudes mittels der Originalschlüssel eindringt, welche er zuvor durch Diebstahl an sich gebracht hat. Das setzt laut Bedingungen voraus, dass der Diebstahl nicht durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht werde. Davon müsse vorliegend jedoch ausgegangen werden.
Mangels Einigung landete der Fall vor dem Hammer OLG, wo die Klägerin eine Niederlage erlitt.
Nach richterlicher Auffassung kann hier nicht von einem Schadenereignis im Sinne der Versicherungsbedingungen ausgegangen werden. Denn die Klägerin habe fahrlässig gehandelt, als sie ihre Tasche, in welcher sich nicht nur ihr Schlüsselbund, sondern auch ihre Ausweispapiere befanden, unbeaufsichtigt im Korb ihres Fahrrades liegen ließ.
Das Gericht ließ den Einwand nicht gelten, dass sie zuvor niemand in der Nähe ihres Velos bemerkt habe und daher nicht mit einem Diebstahl habe rechnen müssen. Denn die Klägerin habe wissen müssen, dass ein vorbeikommender Dritter ihre Tasche jederzeit mit einem einfachen Handgriff entwenden konnte ohne daher einen Widerstand überwinden zu müssen.
Deswegen sei sie dazu verpflichtet gewesen, die Tasche an ihrem Körper bei sich zu führen, um einen Diebstahl zu verhindern, zumal sie mehrere Minuten lang offenbar stark abgelenkt gewesen sei. Der Versicherer habe der Klägerin daher zu Recht die Leistung verweigert.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Vollkaskoanspruch ohne Polizeiverständigung
Das Landgericht (LG) Schweinfurt hat mit Urteil vom 13. April 2017 entschieden (22 O 748/15), dass Autofahrer, die mit ihrem Fahrzeug von der Straße abkommen und dabei gegen einen Baum fahren, auch ohne Verständigung der Polizei einen Anspruch auf Leistungen durch seinen Vollkaskoversicherer haben. Voraussetzung dafür ist aber, dass kein oder ein nur geringfügiger Fremdschaden entstanden ist.
Im Jahr 2015 war ein Mann und späterer Kläger war mit seinem Pkw wegen Schneeglätte von der Straße abgekommen, als das Fahrzeug dabei eine Böschung herab rutschte und schließlich an einer Esche hängen blieb.
Im Auto befanden sich noch die drei Kinder des Klägers Glücklicherweise wurde bei dem Unfall niemand verletzt.
Der Mann beauftragte kurz nach dem Unfall ein Abschleppunternehmen, welches das Auto eine Stunde später barg und in eine Werkstatt brachte und verständigte die Straßenmeisterei, welche einen Sachverständigen beauftragte, der keine nennenswerte Beschädigung an dem Baum feststellen konnte. Die Begutachtung zog Kosten in Höhe von über 80,- € nach sich, die vom Kläger übernommen wurden. Am Auto des Klägers war ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden.
Der Kläger machte die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert von 15.500 € und Restwert von fast 6.000 € abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend.
Der Versicherer lehnte dies ab, da der Kläger seine vertraglichen Obliegenheiten verletzt habe, indem er im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nach dem Unfall zur Verständigung der Polizei verpflichtet gewesen sei. Dies sei aber nicht erfolgt. Lediglich durch das Hinzuziehen der Polizei hätten Feststellungen zur tatsächlichen Unfallursache und zur Fahrtüchtigkeit des Klägers getroffen werden können. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls betrunken gewesen sei.
Ferner habe er aufgrund der Größenordnung des Schadens nicht davon ausgehen dürfen, dass er sich, ohne die Polizei zu verständigen, vom Unfallort entfernen durfte.
Die LG-Richter sahen das anders und gaben der Klage des Versicherten in vollem Umfang statt.
Die Beweisaufnahme ergab, dass an dem Baum, anders als von dem beklagten Versicherer behauptet, kein nennenswerter Fremdschaden entstanden war. Das hatte der als Zeuge vernommene, von der Straßenmeisterei beauftragte Sachverständige bestätigt. Dass sich der Baum in einem eher schlechten Zustand befand, habe andere Gründe gehabt als von dem Versicherer angenommen.
Der Kläger musste keine Maßnahmen zur Ermittlung eines möglichen Fremdschadens ergreifen, da er nicht mit Ansprüchen Dritter rechnen musste. Ein erkennbarer Fremdschaden im Sinne der Versicherungs-Bedingungen war nicht entstanden, so dass der Kläger auch keine versicherungsrechtliche Obliegenheit verletzt hat, auf welche sich der Versicherer berufen könne.
Den Versicherer trägt die Beweislast für die von ihm behauptete Erkennbarkeit eines nennenswerten Fremdschadens. Nach Überzeugung des Gerichts ist ihm das nicht gelungen. Daher ist er zur Leistung verpflichtet.
Fahrt zur Lackiererei und die Schadenminderungspflicht
Das Amtsgericht (AG) Hamburg-Bergedorf hat mit Urteil vom 21. April 2017 (409 C 195/16), entschieden, dass ein Geschädigter im Rahmen der Schadenminderungspflicht sein Fahrzeug nach erfolgter Reparatur nicht selbst zur Lackiererei bringen muss, um Kosten zu sparen.
Der Pkw eines Mannes und späteren Klägers war bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden. Die alleinige Haftung des Beklagten sowie die Höhe der Reparaturkosten waren unstreitig.
Zankapfel waren die Kosten, die dadurch entstanden waren, dass das Auto von der Reparaturwerkstatt in eine vier Kilometer entfernt befindliche Lackiererei des Unternehmens gebracht werden musste. Hierfür berechnete die Werkstatt dem Kläger fast 180,- Euro.
Dem Versicherer des Unfallverursachers war das zu viel; er hielt einen Betrag von maximal 95,- Euro für angemessen und kürzte die an den Kläger gezahlte Entschädigung entsprechend. Begründung: Es sei einfach gewesen, das Auto in die nahe gelegene Lackiererei zu bringen, welches der Kläger gegebenenfalls auch allein bewerkstelligen konnte.
Der Kläger berief sich darauf, dass ein Laie den von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag für angemessen halten durfte und er nicht zur Mithilfe verpflichtet war und verklagte den Versicherer. Vor Gericht klagte er die ihm vorenthaltenen knapp 85,- Euro erfolgreich ein – das AG Hamburg-Bergedorf gab seiner Klage statt.
Wenn ein Geschädigter die Höhe der für die Schadenbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, ist er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadenbehebung zu wählen. Gemessen an diesem Maßstab kann dem Kläger aber kein Fehlverhalten vorgeworfen werden. Bei einem Abgleich der Werkstattrechnung mit dem ihm vorliegenden Gutachten durfte er davon ausgehen, dass die für die Verbringung berechneten Kosten angemessen waren.
Aus richterlicher Sicht ist unerheblich, dass sich die Lackiererei nur vier Kilometer von der Werkstatt entfernt befindet und der Kläger sein Fahrzeug gegebenenfalls selbst zum Lackierer hätte bringen können, da der Geschädigte zu dieser Mithilfe selbst angesichts seiner Schadenminderungspflicht grundsätzlich nicht verpflichtet ist.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Tankstellenunfall und die Regeln der Straßenverkehrsordnung
Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat mit Urteil vom 25. Februar 2016 entschieden (1 U 99/15), dass gegebenenfalls von einer Schadenteilung auszugehen ist, wenn es auf einem Tankstellengelände zu einer Kollision zwischen einem anfahrenden Fahrzeug und einem Fußgänger kommt. Auf einem Tankstellengelände gelten im Übrigen die Regeln der Straßenverkehrsordnung.
Ein Mann und späterer Kläger war auf einem Tankstellengelände zur Kasse unterwegs, als er mit seinem linken Fuß unter den anfahrenden Pkw des Beklagten geriet. Bei der Kollision wurde der Kläger so schwer verletzt, dass mit einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen war.
Der Kläger hielt ausschließlich den Beklagten für den Unfallverursacher, welcher seinerseits ins Feld führte, dass der Vorfall für ihn nicht zu verhindern gewesen sei, da der Kläger aus Unachtsamkeit seitlich gegen sein Fahrzeug gelaufen sei.
Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Landgericht schloss sich dem nach Anhörung eines Gutachters an und wies die Klage als unbegründet zurück, da der Unfall ausschließlich auf die Unaufmerksamkeit des Klägers zurückzuführen sei. Wenn der Kläger den Fahrzeugverkehr zwischen den „Inseln“ der Tankstelle beachtet hätte, hätte sich der Unfall nicht ereignet.
Das Naumburger OLG als Berufungsinstanz gab der Klage teilweise statt.
Nach richterlicher Feststellung sind auf dem Gelände einer Tankstelle die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu beachten. Deswegen war der Kläger auf seinem Weg zur Kasse nicht nur zur ständigen Vorsicht angehalten und hätte auch die sich aus § 25 StVO ergebenden besonderen Pflichten als Fußgänger beachten müssen, wonach er dazu verpflichtet gewesen wäre, beim Überqueren der Fahrbahnen zwischen den Tankstelleninseln auf den Fahrzeugverkehr zu achten.
Für die Richter war auch der Beklagten für den Unfall mitverantwortlich. Wer ein Tankstellengelände befahre, müsse mit außerhalb ihrer Fahrzeuge hantierenden Kunden rechnen und erfordere eine außergewöhnliche Vorsicht, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme.
Nach der Aussage eines Unfallzeugen hatten sich die Parteien des Rechtsstreits nahezu zeitgleich in Bewegung gesetzt. Daher gingen die Richter von einem hälftigen Verschulden des Klägers aus. Zu den grundlegendsten Anforderungen an das Verhalten im Straßenverkehr gehört es, dass sich ein Fußgänger vor dem Überqueren einer Fahrbahn Gewissheit darüber verschafft, dass sich kein Fahrzeug nähert. Darauf durfte der Beklagte vertrauen.
Bei ausreichender Aufmerksamkeit hätte er den Kläger gleichwohl frühzeitig wahrnehmen können. Wegen der Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten hielten die Richter daher eine Haftungsquote von 50 % zu Gunsten des Klägers für gerechtfertigt.
Geringere Verkehrssicherungspflicht beim Baum in Privatbesitz
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat mit Hinweisbeschluss vom 11. Mai 2017 (12 U 7/17) entschieden, dass geringere Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht zu stellen sind, als bei Bäumen, die sich in öffentlichem Besitz befinden, wenn sich ein Baum in Privatbesitz befindet.
Eine Frau und spätere Klägerin hatte ihren Pkw unter einer zu einer privaten Wohnanlage gehörenden Rotbuche geparkt. Ohne erkennbare äußere Einflüsse, wie z.B. Sturm, war eines Tages ein Ast des Baumes auf ihr Fahrzeug gestürzt. Hierbei war ein Schaden in Höhe von ca. 9.000,- € entstanden, den die Klägerin gegenüber der Hausverwaltung der Wohnanlage geltend machte, da diese ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Offenkundig sei, dass die Hausverwaltung den Baum nicht ausreichend überwacht und untersucht habe. Sonst hätte sie erkennen können, dass es Anzeichen für eine mögliche Instabilität gab.
Ein in dem anschließenden Rechtsstreit vom Gericht beauftragter Gutachter bestätigte das und hatte festgestellt, dass die Rinde im Bereich einer Gabelung, von welcher der herabgestürzte Ast stammte, länglich verdickt war. Dies habe man als Anzeichen einer möglichen Instabilität deuten können.
Das OLG und die Vorinstanz hielten die Klage der Fahrzeughalterin für unbegründet.
Aus richterlicher Sicht war es zwar unstreitig, dass der Eigentümer eines Baumes generell dafür verantwortlich ist, dass von diesem keine Gefahr ausgeht und müsse auf seinem Grundstück befindliche Bäume daher regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit hin untersuchen. Das gelte vor allem, wenn ein Baum im Bereich von Verkehrsflächen stehe und damit potenziell andere Personen gefährden könne.
Für Privatleute gelten aber andere Anforderungen an die Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflicht als an den Bund, die Städte und die Gemeinden. Von letzteren sei zu erwarten, dass sie die im öffentlichen Verkehrsraum befindlichen Bäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren lassen, ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegen.
Diese Kontrollpflichten seien für Privatleute weniger umfassend; sie müssen nicht laufend eine äußere Sichtprüfung durchführen, sondern nur in angemessenen zeitlichen Abständen. Verlangbar sei nur eine, wenn auch gründliche Sichtprüfung auf für einen Laien erkennbare Probleme, z.B. auf abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbaren Pilzbefall. Nur bei erkennbaren Problemen müsse ein Baumfachmann hinzugezogen werden.
Im vorliegenden Fall sei die Instabilität der Rotbuche aber nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen, nicht aber für einen Laien erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung ist daher nichts vorzuwerfen.
Daher muss die Klägerin ihren Schaden selbst zahlen, wenn sie nicht über eine Vollkaskoversicherung verfügt.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Falsche Schadenanzeige beim Vollkaskoversicherer
Das Landgericht (LG) Saarbrücken hat mit Urteil vom 21. Juni 2016 (14 S 32/16) entschieden, dass der Versicherer leistungsfrei sein kann, wenn ein Versicherungsnehmer in einem Schadenformular gestellte Fragen zu Vorschäden falsch beantwortet, obwohl er wissen muss, dass es ihm zur Beantwortung an ausreichenden Informationen fehlt.
Ein Mann und späterer Kläger hatte für seinen Pkw bei dem beklagten Versicherer u.a. eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Als er am13. November 2014 morgens festgestellt hatte, dass sein geparktes Auto von einem Unbekannten erheblich zerkratzt worden war, meldete er den Schaden seinem Versicherer. Alle in der Schadenanzeige gestellten Fragen nach reparierten und nicht reparierten Vorschäden sowie Schäden, welche das Fahrzeug möglicherweise beim Vorbesitzer erlitten hatte, beantwortete er anschließend mit „nein“.
Das stellte sich später als unrichtig heraus. Denn ein mit der Besichtigung des Fahrzeugs beauftragter Sachverständiger stellte u.a. Lackschäden und Dellen fest, die schon vor dem Vandalismusschaden vorhanden gewesen sein mussten. Zusätzliche Ermittlungen des Versicherers ergaben, dass das Fahrzeug im Jahr 2012 auf der gesamten Seite einen Streifschaden erlitten hatte und in diesem Jahr auch das Heck in Folge eines Verkehrsunfalls erheblich beschädigt worden war.
Auf Vorhalt durch seinen Versicherer verteidigte sich der Kläger damit, dass sich die Vorschäden in einer Zeit ereignet hätten, als sich das Fahrzeug ausschließlich im Besitz seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau befand.
Im Folgejahr habe er von ihr den Pkw übernommen, ohne dass er von seiner Frau über die Schadenfälle informiert wurde. Diese Aussage bestätigte seine Frau.
Der Vandalismusschaden wurde trotz allem nicht reguliert. Der Versicherer berief sich darauf, dass der Kläger die Vorschäden in der Schadenanzeige verschwiegen und damit arglistig und vorsätzlich seine Aufklärungs-Obliegenheiten verletzt habe.
Das LG Saarbrücken wies die Klage des Versicherten gegen seinen Vollkaskoversicherer als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung ist es unstreitig, dass der Kläger die in der Schadenanzeige gestellten Fragen zu den Vorschäden falsch beantwortet und damit gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen hat, alles zu tun, was zur Aufklärung des Sachverhalts dienlich sein kann.
Denn zählt, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Ermittlung der Höhe des Schadens von Bedeutung sind, wie frühere Schäden Diese können den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie, wie im entschiedenen Fall, repariert wurden.
Der Kläger muss sich als Versicherungsnehmer ferner das Wissen seiner Ehefrau zurechnen lassen, da diese als Wissensvertreterin im Sinne von § 166 BGB anzusehen sei. Ausreichend ist dafür, dass ein Versicherungsnehmer einer anderen Person, insbesondere einem Familienangehörigen, einen versicherten Personenkraftwagen vollständig zur Benutzung zur Verfügung stelle und sich um das Fahrzeug in der Folgezeit nicht mehr kümmere.
Aufgrund der Eindeutigkeit der in der Schadenanzeige gestellten Fragen hätte der Kläger sie nicht, wie vorliegend, ins Blaue hinein beantworten dürfen, sondern wäre vielmehr dazu verpflichtet gewesen, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wegen möglicher Vorschäden zu befragen.
Dem Kläger ist Arglist vorzuwerfen, da die Annahme arglistigen Verhaltens nahe liegt, wenn der Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße getäuscht wird. Das ist der Fall, wenn dem Versicherer auf klare und unmissverständliche Fragen hin erhebliche Vorschäden verschwiegen werden.
Schließlich habe es für den Kläger auf der Hand gelegen, dass, was die frühere Besitzzeit des Fahrzeugs anging, nur seine Frau, die sich völlig unabhängig in den letzten Jahren um das Auto gekümmert hatte, Angaben zu dem Personenkraftwagen machen konnte.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Touristenfahrten auf offiziellen Rennstecken ohne Versicherungsschutz
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 8. März 2017 entschieden (20 U 213/16), dass die Versicherungsbedingungen einer Kfz-Versicherung den Versicherungsschutz für „Touristenfahrten auf offiziellen Rennstecken“ ausschließen können. Dann kann ein Versicherter, der mit seinem Fahrzeug beim sogenannten „freien Fahren“ auf einer Rennstrecke verunglückt, keine Leistungen von seinem Vollkaskoversicherer verlangen.
Ein Fahrzeughalter und späterer Kläger war mit seinem Pkw außerhalb eines offiziellen Rennens bei einem sogenannten „freien Fahren“ auf der Nordschleife des Nürburgrings verunglückt. Den dabei entstandenen Schaden an seinem Fahrzeug in Höhe von ca. 8.200,- € machte er gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend. Dieser lehnte die Regulierung des Schadens ab und berief sich dabei auf die Versicherungsbedingungen, nach denen „für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken“ kein Versicherungsschutz besteht.
Der Fahrer verklagte daraufhin seinen Versicherer mit der Begründung, dass es sich bei dem „freien Fahren“, in dessen Rahmen sich der Unfall ereignet hatte, nicht um eine „Touristenfahrt“ im Sinne der Versicherungs-Bedingungen handele. Diese Ausschlussklausel sei vorliegend nicht anwendbar, da der Nürburgring vor Fahrtbeginn von einer öffentlichen Rennstrecke zu einer mautpflichtigen Einbahnstraße umgewidmet worden sei.
Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Hagener Landgericht und die Berufungsinstanz, OLG Hamm, waren davon nicht überzeugt und wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung hat der Kläger im Unfallzeitpunkt an einer Touristenfahrt im Sinne der Versicherungsbedingungen teilgenommen. Dies war ihm auch bewusst gewesen, da in der Fahrordnung, als auch in den Sicherheitsregeln des Betreibers der Rennstrecke dieser Begriff verwendet würde.
Ausreichend sei ferner, dass der Nürburgring in Zeiten organisierter Veranstaltungen als offizielle Rennstrecke für ein Rennen diene und außerhalb dieser Zeiten dem öffentlichen Verkehr nicht frei zugänglich sei. Daher müssen die Voraussetzungen einer Touristenfahrt und einer offiziellen Rennstrecke folglich nicht zeitgleich vorliegen.
Durch den Ausschluss in den Versicherungsbedingungen habe der Versicherer für einen durchschnittlichen Versicherten eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er für das Risiko von Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken wie zum Beispiel dem Nürburgring nicht einstehen wolle.
Der Versicherer hat daher die Leistung zu Recht abgelehnt, da sich der Unfall im Rahmen einer solchen Fahrt ereignet habe.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Grobe Fahrlässigkeit wegen Autoverleih an führerscheinlosen Sohn
Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 22. März 2017 (5 U 174/16) entschieden, dass eine Kaskoversicherung nach einem Unfall normalerweise den eigenen Schaden zahlt. Das gilt aber nicht, wenn der Besitzer sein Auto von jemandem fahren lässt, der keinen Führerschein hat. Dem Versicherten muss dieses grob fahrlässige Verhalten nachzuweisen sein.
Ein Vater und späterer Kläger lieh seinem Sohn und dessen Freunden sein Auto, welches einer der beiden Freunde des Filius fahren sollte, da der Sohn noch nicht im Besitz eines Führerscheins war.
Zunächst machte fuhren die Freunde von ihrem Heimatort im Niedersächsischen Landkreis Wesermarsch nach Bremerhaven und anschließend nach Rodenkirchen. Am nächsten Tag kam es früh morgens zu einem Unfall mit dem väterlichen Auto, bei dem die jungen Männer ein am Straßenrand parkendes Auto beschädigte.
Beim Eintreffen der Polizei am Unfallort war der Wagen des Vaters jedoch leer.
Der beklagte Versicherer sah einige Ansatzpunkte, dass entgegen der Absprache mit dem Vater der führerscheinlose Sohn das Fahrzeug fuhr und lehnte daher die Zahlung des Kaskoschadens ab.
Die Versicherungsgesellschaft vertrat die Auffassung, dass der Vater damit hätte rechnen müssen, dass auch sein Sohn das Fahrzeugführer gewesen sei, zumal gegen den Sohn bereits zwei Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermittelt worden war. Hiergegen reichte der Vater Klage ein.
Das OLG Oldenburg erkannte kein grob fahrlässiges Verhalten des Vaters.
Die Beweisaufnahme ergab, dass zuvor verabredet war, dass der Freund des Sohnes das Auto fahren sollte.
Der Vater musste werden der beiden Ermittlungsverfahren nicht mit einem eigenmächtigen Handeln des Sohnes rechnen, da sich diese Ermittlungsverfahren auf die Nutzung eines frisierten Mofas bezogen hätten.
Die Nutzung eines Mofas und eines Autos unterscheidet sich erheblich, da die Bedienbarkeit und die Hemmschwelle, ein Auto ohne Führerschein zu fahren, wesentlich höher seien.
Daher muss der Versicherer den entstandenen Kaskoschaden in Höhe von ca. 9.000,- € tragen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Regress nach Unfallflucht
Das Amtsgericht (AG) Emmendingen hat mit Urteil vom 15. März 2016 entschieden (7 C 326/15), dass der bloße Umstand, dass sich ein Versicherungsnehmer nach einem Verkehrsunfall unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, nicht auf ein arglistiges Verhalten zu Lasten seines Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherers schließen lässt.
Ein Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer hatte geklagt, der einen Versicherten nach der Regulierung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall in Höhe von ca.400 € in Regress nehmen wollte. Als sein Fahrzeug in einen Unfall verwickelt worden war, hatte sich der Versicherte im Februar 2012 vom Unfallort entfernt, ohne Feststellungen zu seiner Person und seiner Beteiligung am Geschehen zu ermöglichen.
Eine Zeugin hatte mit ihrem Fahrzeug seine Verfolgung aufgenommen und telefonisch die Polizei verständigt, die den Mann wenige Minuten später auf dem Gelände einer Tankstelle antraf.
Den Beamten gegenüber gab er sofort zu, an dem Unfall beteiligt gewesen zu sein. Allerdings sei er von einem nur geringen Schaden ausgegangen und habe außerdem angenommen, dass nicht er, sondern sein Unfallgegner den Unfall verursacht habe. Somit habe er sich berechtigt gefühlt, den Unfallort zu verlassen. Eine unmittelbar durchgeführte Alkoholkontrolle ergab einen Wert von 0,0 Promille.
Der Versicherer hielt den Beklagten für den Unfall verantwortlich und warf ihm auch vor, nicht nur vorsätzlich, sondern arglistig gehandelt zu haben, als er den Unfallort verließ. Deswegen wollte der Versicherer den Versicherten in voller Höhe seiner Aufwendungen in Regress nehmen.
Das AG Emmendingen wies die Regressforderung als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Überzeugung lässt der bloße Umstand, dass sich der Beklagte nachweislich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, nicht den Schluss auf ein arglistiges Verhalten zu Lasten seines Versicherers zu. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der sich unerlaubt von einem Unfallort entfernt, damit immer einen gegen die Interessen seines Versicherers gerichteten Zweck verfolgt.
Das Gericht nahm es dem Beklagten ab, dass er, wenn auch zu Unrecht, von einem geringen Fremdschaden und von einer Unfallverursachung durch den Geschädigten ausgegangen war. Es ist demnach nicht festgestellt, dass der Beklagte wegen eines gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zwecks die Unfallstelle verlassen hat.
Ferner seien dem Versicherer keine Feststellungsnachteile entstanden, da der Versicherte nur wenige Minuten nach dem Unfall von der Polizei aufgegriffen worden war, der gegenüber er ohne Umschweife eine Beteiligung an dem Ereignis eingeräumt und auch Feststellungen zu seiner Person ermöglicht habe.
Deswegen sei es nicht ersichtlich, welche andere Unfallregulierung hätte erfolgen können, wenn der Beklagte selbst die Polizei verständigt hätte und der Unfall an Ort und Stelle aufgenommen worden wäre.
Wenn ein künstliche Bodenwelle ein Wohnmobil beschädigt
Das Landgericht (LG) München II hat mit Urteil vom 13. Januar 2017 entschieden (10 O 3458/16), dass ein Unfallschaden und nicht ein im Rahmen einer Kaskoversicherung nicht versicherter Betriebsschaden vorliegt, wenn ein Fahrzeug beschädigt wird, weil dessen Fahrer eine Bodenschwelle aufgrund mangelnder Erkennbarkeit zu schnell überfahren hat.
Ein Mann und späterer Kläger hatte mit seinem Wohnmobil eine Bodenschwelle mit der an diesem Ort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überfahren.
Denn dabei an der Bodengruppe des Fahrzeugs entstandenen Schaden von über 12.000 Euro machte der Kläger unter Abzug der Selbstbeteiligung gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend. Dieser lehnte die Zahlung ab, da der Schaden nicht im Rahmen eines versicherten Unfalls entstanden sei und es sich vielmehr um einen nicht versicherten Betriebsschaden im Sinne der Versicherungs-Bedingungen gehandelt habe.
Das LG München II gab der Klage des Wohnmobilbesitzers in vollem Umfang statt.
Nach richterlicher Meinung kann sich der Versicherer nicht auf einen Betriebsschaden berufen. Darunter fallen Schäden, die durch normale Abnutzung, durch Material- oder Bedienungsfehler an einem Fahrzeug oder seinen Teilen entstehen. Auch Schäden, die auf einer Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen, aber zum normalen Betrieb eines Kraftfahrzeugs gehören, seien als Betriebsschaden im Sinne der Bedingungen einer Kaskoversicherung einzustufen. Versichert seien hingegen Unfälle. Darunter fallen Ereignisse, die plötzlich und unmittelbar von außen mit mechanischer Gewalt auf ein Fahrzeug einwirken.
Im vorliegenden Fall müsse jedoch von einem Unfall ausgegangen werden. Die Beweisaufnahme ergab, dass die Bodenschwelle angesichts der örtlichen Verhältnisse für den Kläger weder wahrnehmbar gewesen, noch sei vor ihr durch eine Beschilderung gewarnt worden sei. Auf der von dem Kläger befahrenen Straße seien auch vor der Unfallstelle keine Bodenschwellen vorhanden gewesen.
Sofern eine Bodenschwelle jedoch aufgrund mangelnder Erkennbarkeit so schnell überfahren wird, dass Schäden entstehen, so handelt es sich gerade nicht um eine Gefahr, der ein Fahrzeug in seiner konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt ist. Zum normalen Betriebsrisiko eines Fahrzeugs gehört es nicht, dass dieses mit so hoher Geschwindigkeit über eine Bodenschwelle fährt, dass hierdurch erhebliche Schäden entstehen.
Aspekte, dass die Schäden an dem Wohnmobil auch bei einer geringeren Geschwindigkeit entstanden wären, ergaben sich nach der Beweisaufnahme ebenfalls nicht.
Daher war der beklagte Kaskoversicherer zur Leistung verpflichtet.